Die Falkenberg-Siedlung
Unmittelbar nach den verheerenden Bombenangriffen auf die Zivilbevölkerung Hamburgs 1943 entstehen in Stadtnähe mehrere Behelfsheimsiedlungen. Eine wird in Neugraben auf einer Planungsgrundlage von 1938/39 gebaut. Nach und nach ziehen dort ausgebombte Arbeiter aus der Rüsungsindustrie und ihre Familien dort ein. Wie sich schnell zeigt, sieht die Realität anders aus als die Propaganda: Die Bauten sind oft noch nicht fertig und ohne die angepriesene Ausstattung.
Weil der Wohnraum auch in den folgenden Jahren knapp bleibt, kämpfen die Bewohner mit Erfolg darum, in ihren Häusern bleiben zu können. In den 1960ern erreichen sie, dass die einstigen Behelfsheime mit Unterstützung des Hamburger Senats nicht nur saniert, sondern auch zu Einfamilienhäusern ausgebaut werden. Dabei entscheidet die Verwaltung, wie schon beim Bau, auch bei der Sanierung nicht immer nur zu Gunsten der Familien. Gegen alle Widerstände entsteht am Falkenberg ein Ort, an dem Ausgebombte zu Siedlern und schließlich zu Siedlerfreunden werden. Die Siedlung wird 1992 wegen ihrer Einzigartigkeit unter Milieuschutz gestellt.
Sie ist auch heute noch ein begehrtes Wohngebiet, auch wenn die Häuser, heute in die Jahre gekommen, bei einem Besitzerwechsel vermutlich erneut saniert werden müssen. Bemerkenswerterweise ist vielen Bewohnern, vor allem den gerade erst zugezogen, die bewegte Geschichte ihrer Siedlung kaum bekannt.
Dieses Buch beschäftigt sich mit 80 Jahren Siedlungsgeschichte: Von ihrer Entstehung und dem dabei erfolgten Einsatz von Zwangsarbeitern und weiblichen KZ-Häftlingen, über die Bedingungen der Kriegs- und Nachkriegszeit, in denen die Bewohner der Siedlung – und besonders die Frauen – ihr Leben einrichten mussten, bis hin zur Rolle des Vereinslebens und der Gestaltung einer modernen Siedlungsgemeinschaft.
